Das letzte Abenteuer by C.H.Beck & Mosebach Martin
Autor:C.H.Beck & Mosebach, Martin
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406644894
Herausgeber: C.H.Beck
4.
Am Tage nach dem Ballspiel schon standen Herr Ruy und Herr Gamuret vor dem Thronsessel der Herzogin im kahlen Saal von Weiß und Silber, jeder seinen Buben in den Hausfarben hinter sich. Der Spanier machte den Sprecher. Flüssig und wohlgeformt kamen die üblichen Sätze aus seinem Mund. Der Fronauer, schön gleich einem nordischen Apoll, sah dabei so trübselig und ratlosfeierlich drein wie die Bauern bei einer Kindsleiche.
Während Ruy in den leeren Raum vor dem Thronsessel hineinsprach – Lidoine hielt den Blick auf ihren Fußschemel gesenkt – fühlte er von rechts her, wo Fenster an Fenster hoch und breit den Blick in die Weite gab, sich seltsam klar angeschienen. Ein neuer Geschmack trat auf die sprechende Zunge. Das Auge wanderte gleichmäßig an zwei im Estrich ausgelegten Halbkreisen hin und her, roter Stein in grauem. Er sandte in währendem Vortrag einen Blick hinaus und erkannte, daß man aus diesen Fenstern hinübersah auf die Wälder von Montefal, woher er gekommen. Ein braun-grüner Streif der Ferne blieb in seinen Augenwinkeln auch noch, als er den Blick neuerdings den Figuren des Steinbodens folgen ließ.
Die Herzogin sagte das Übliche zur Antwort und daß Herr Gauvain guten Mutes sein möge, und mit solchen letzten Worten waren nach der Sitte dieser späten höfischen Zeit Zustimmung und Einwilligung schon ausgedrückt. Herr Ruy brachte noch in einem vor, daß er Urlaub erbitte, um zu reiten, da der andere Werber, Herr Gamuret von Fronau, sich bereit erklärt habe, über die Hochzeit zu bleiben; was deshalb erforderlich war, weil einer der beiden Herren, welche die Werbung vortrugen, dann auch Brautführer zu sein hatte.
Die Herzogin warf dem freien Herren von Fronau einen kurzen und blanken Blick zu und dankte ihm.
In den Vorräumen gab es den Marschall nebst einigen Mitgliedern des Staatsrates, welche nun die herauskommenden Werber beglückwünschten. Die meisten Herren, auch der Fronauer, begaben sich zu dem Bräutigam. Nur Herr Ruy ging, von Patrik gefolgt, zurück zu seiner Behausung und zu dem Ruhebett unter dem Blätterdache.
Hier war Frieden. An den Säulen kletterten Blüten in dicken Dolden. Der warme Himmel fiel von überall her in großen und tiefen Stücken herein und wölbte drüben frei auf, über dem Horizonte.
Herr Ruy streckte sich und schloß die Augen. Wieder trat der Geschmack auf die Zunge wie dort im Saale, bitter und frisch, ein Geschmack von Kräutern, wie sie etwa in grünen, saftigen, von Bächen durchzogenen Talgründen wachsen. Unter den geschlossenen Augenlidern fühlte er gleichwohl eine Veränderung allen Lichtes rundum, als wär es dünner, aber auch reiner und glänzender. Montefal wurde ganz klein in diesem Scheine, der von außen an ihm leuchtete, es lag da wie ein Stein nur am Wege, den man verläßt.
Noch hatten Herr Ruy auf seinem Lager und Patrik in seinem großen Stuhle nicht lange geschlummert, als ein Kämmerer Lidoinens eintraf und Herrn Ruy meldete, daß die Herzogin ihn vor seinem Abritte noch besonders zu beurlauben wünsche.
So stand er denn an dem Tag, welcher dem Morgen seines Ausreitens voranging, noch einmal in dem Saale von Weiß und Silber, diesmal in einer Fensternische, und ihm gegenüber
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